In vertikalen Sonnenkonversionslamellen aus Glas, die mit wässrigem Nährmedium gefüllt sind, entsteht in der SolarLeaf-Lamelle aus CO2 und Sonnenlicht Algen-Biomasse; gleichzeitig wird ein solarthermischer Effekt erzielt, da die Sonnenstrahlung das wässrige Medium erwärmt. Beide Energieträger werden über ein Kreislaufsystem in die Technikzentrale des Gebäudes geleitet und dort über einen Wärmetauscher bzw. einen Algenabscheider entnommen. Das Temperaturniveau wird über eine angeschlossene Wärmepumpe gesteuert, die Wärme kann für die Warmwasseraufbereitung und Raumheizung über Radiatoren bzw. Luftheizung, direkt am Gebäude genutzt werden. Überschüssige Wärme kann geothermisch z.B. über Erdsonden unter dem Gebäude gespeichert werden. Mit der Biomasse erhält man einen wertvollen Rohstoff mit hohem Brennwert, der neben der energetischen Nutzung industriell veredelt und vielfältig genutzt werden kann.
Um die Synergien des Systems bestmöglich nutzen zu können, ist eine holistische und gewerkübergreifende Planung von Beginn an sinnvoll. Unser Team von externen Planern unterstützt Sie dabei gerne.
Ab 2020 soll in Deutschland und anderen Teilen von Europa der Energiestandard von Nullenergiehäusern verbindlich eingeführt werden. Jeder Neubau muss dann genauso viel Energie produzieren, wie er verbraucht. Im Jahr 2012 hatten Photovoltaik und Solarthermie einen Anteil von unter 1,5% am Endenergieverbrauch in Deutschland; im Vergleich dazu hat Biomasse als erneuerbare Energiequelle einen Anteil von über 8%. Im Gegensatz zu Photovoltaik ist Biomasse eine Form der „Solarenergie“, die sich praktisch verlustfrei speichern lässt und dazu ohne die Verwendung kostenintensiver Speichertechnologien wie Batterien auskommt. Die bioreaktive Fassade erschließt erstmals das Potential Biomasse für die Energiegewinnung am Gebäude.
Die Umwandlung von Licht in Wärme ist aus der Solarthermie bekannt und ist ein rein physikalischer Prozess. Die Umwandlung von Licht in Biomasse erfolgt biochemisch durch mikroskopisch kleine Algen (sog. Mikroalgen).
Mikroalgen nutzen wie andere Pflanzen das Sonnenlicht für den photosynthetischen Prozess, bei dem CO2 „abgebaut“ wird. Allerdings sind Mikroalgen wesentlich effizienter in der Umwandlung von Lichtenergie in Biomasse als höhere Pflanzen, weil sie einzellig sind und jede Zelle Photosynthese betreibt. Mikroalgen können sich bis zu zweimal am Tag teilen und damit ihre Biomasse vervierfachen. Die Biomasse der Mikroalgen ist ein Energieträger. 1 Gramm trockene Biomasse enthält etwa 23 - 27 kJ Energie. Gleichzeitig ist die Biomasse aber auch Rohstoff für die Kosmetik und Pharmazie oder für Futter- und Nahrungsergänzungsmittel. Je nach Algengehalt im Medium lässt sich die Transparenz des Systems von ca. 10% bis 80% steuern.
Die Vorteile der Mikroalgen führten zur Entwicklung der Photobioreaktor-Fassade, die auf dieser Art von Mikroorganismen basiert.
Als Sekundärfassade bilden die transluzenten Fassadenelemente eine außenliegende Hüllkonstruktion, die als hinterlüftete Fassade oder als Doppelfassade ausgeführt werden kann. Die geschosshohen Glaselemente sind auf ihrer Vertikalachse drehbar gelagert und können so dem Sonnenstand nachgeführt werden. Bei geschlossener Stellung bilden sie eine thermische Pufferzone. Jedes Fassadenelement misst 2,70 x 0,70 Meter und weist einen mehrschichtigen Glasaufbau auf, der den Anforderungen modernster Fassadentechnik entspricht. Von den Deckscheiben aus Verbundsicherheitsglas (VSG) geschützt und thermisch isoliert, befindet sich der 18 Millimeter breite Hohlraum, der sogenannte Fotobioreaktor, der mit Wasser gefüllt ist (24 Liter) und in dem die Mikroalgen wachsen.
In den einzelnen Photobioreaktoren wird Luft mit Überdruck am unteren Ende in das Paneel eingeleitet. Die durch die aufsteigenden Luftblasen hervorgerufenen Turbulenzen stimulieren die CO2- und Lichtabsorption der Algen. Gleichzeitig „wäscht“ das Algen/Wassergemisch durch seine schnelle Bewegung ständig die Innenoberflächen des Paneels ab – ein Vorgang, der sich auch mit bloßem Auge beobachten lässt. Die flachen Fotobioreaktoren sind effizient und verursachen nur einen minimalen Wartungsaufwand. Alle Leitungen, etwa für die Luftzufuhr sowie für den Zu- und Abfluss der wässrigen Algenlösung, sind in der Unterkonstruktion des SolarLeaf integriert. Beim BIQ sind bis zu 32 Paneele jeweils zu einem geschlossenen Wasserkreislauf verbunden und an den zentralen Technikraum angeschlossen.
Ein zentrales Gebäudemanagementsystem überwacht die Zu- und Abflüsse jedes dieser Cluster, die Nährstoffversorgung und die „Algenernte“ an der Schnittstelle zur Gebäudetechnik. Auch der Algengehalt und die Temperatur der Lösung werden an dieser Stelle überprüft.
Die solarthermisch gewonnene Wärme beträgt ca. 40 °C und wird entweder direkt zur Warmwasserbereitung genutzt oder über geothermische Sonden im Erdboden gespeichert. Das System kann ganzjährig betrieben werden.
Die Bioreaktorfassade erreicht bei der Produktion von Biomasse eine EKE (Energiekonversionseffizienz) von 10 % und bei Wärmeproduktion eine EKE von 38%, während Photovoltaik bei etwa 12-15% und Solarthermie bei 60-65% liegen. Im Leistungsvergleich ist die Bioreaktorfassade also bereits heute konkurrenzfähig. Darüber hinaus wird in der Bioreaktorfassade equivalent zum Biomasseaufbau CO2 aus einer Rauchgasquelle gebunden. Die Bioreaktorfassade verringert damit die CO2-Emission.